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Der kleine Häwelmann

Im Rahmen unserer Lesewoche (6. 4. bis 15. 4. 2016) hat ein Teil der Klasse 5c das Kinderbuch "Der kleine Häwelmann" von Theodor Storm als Schattentheater aufgeführt. Die Schülerinnen und Schüler haben Stabfiguren aus Pappe hergestellt, Kulissen gebastelt und den Hintergrund am Computer gestaltet. Die "Bühne" war ein bespannter Holzrahmen, als Lichtquelle diente ein Beamer, damit konnten dann auch die Hintergrundbilder durch ein Präsentationsprogramm eingespielt werden. Bei den Aufführungen für unsere Saph-Klassen agierten 13 Schülerinnen und Schüler vor und hinter der Bühne. Vor der Bühne wurde die Geschichte mit verteilten Rollen vorgelesen, hinter der Bühne mussten die Stabfiguren bespielt, die Kulissen gewechselt und die Hintergrundbilder am Computer entsprechend weitergeschaltet werden - und das alles im richtigen "timing" aufeinander abgestimmt.

 Bilder aus der "Produktion".
   

Die Aufführung.
  


Hier die Geschichte von Theodor Storm in leicht gekürzter Form.

Der kleine Hävelmann

Es war einmal ein kleiner Junge, der hieß Häwelmann.
Des nachts schlief er in einem Rollenbett und auch des
nachmittags, wenn er müde war; wenn er aber nicht
müde war, so musste seine Mutter ihn darin in der Stube
umherfahren, und davon konnte er nie genug
bekommen.

 
Nun lag der kleine Häwelmann eines nachts in seinem
Rollenbett und konnte nicht einschlafen; die Mutter aber
schlief schon lange neben ihm in ihrem großen
Himmelbett. "Mutter", rief der kleine Häwelmann, "ich will
fahren!" Und die Mutter langte im Schlaf mit dem Arm
aus dem Bett und rollte die kleine Bettstelle hin und her,
und wenn ihr der Arm müde werden wollte, so rief der
kleine Häwelmann: "Mehr, mehr!"
und dann ging das Rollen wieder von vorne an. Endlich
aber schlief sie gänzlich ein; und so viel Häwelmann
auch schreien mochte, sie hörte es nicht; es war rein
vorbei.
 
Es dauerte nicht lange, so sah der Mond in die
Fensterscheiben, der gute alte Mond, und was er da sah,
war so possierlich, dass er sich erst mit seinem
Pelzärmel über das Gesicht fuhr, um sich die Augen
auszuwischen; so etwas hatte der alte Mond all sein
Lebtag nicht gesehen. Da lag der kleine Häwelmann mit
offenen Augen in seinem Rollenbett und hielt das eine
Beinchen wie einen Mastbaum in die Höhe. Sein kleines
Hemd hatte er ausgezogen und hing es wie ein Segel an
seiner kleinen Zehe auf; dann nahm er ein
Hemdzipfelchen in jede Hand und fing mit beiden
Backen an zu blasen. Und allmählich, leise, leise, fing es
an zu rollen, über den Fußboden, dann die Wand hinauf,
dann kopfüber die Decke entlang und dann die andere
Wand wieder hinunter.
"Mehr, mehr!" schrie Häwelmann,
als er wieder auf dem Boden war; und dann blies er
wieder seine Backen auf, und dann ging es wieder
kopfüber und kopfunter. Es war ein großes Glück für den
kleinen Häwelmann, dass es gerade Nacht war und die
Erde auf dem Kopf stand; sonst hätte er doch gar zu
leicht den Hals brechen können.


Da guckte der Mond ihm plötzlich ins Gesicht.
"Junge", sagte er, "hast du noch nicht genug?"

"Nein", schrie Häwelmann, "mehr, mehr! Mach mir die
Tür auf! Ich will durch die Stadt fahren; alle Menschen
sollen mich fahren sehen."
 
"Das kann ich nicht", sagte der gute Mond;
aber er ließ einen langen Strahl durch das Schlüsselloch
fallen; und darauf fuhr der kleine Häwelmann zum Haus
hinaus.
 
Auf der Straße war es ganz still und einsam. Die hohen
Häuser standen im hellen Mondschein und glotzten mit
ihren schwarzen Fenstern recht dumm in die Stadt
hinaus; aber die Menschen waren nirgends zu sehen. Es
rasselte recht, als der kleine Häwelmann in seinem
Rollenbette über das Straßenpflaster fuhr; und der gute
Mond ging immer neben ihm und leuchtete. So fuhren
sie Straßen aus, Straßen ein; aber die Menschen waren

nirgends zu sehen.
 
Als sie bei der Kirche vorbei kamen, da krähte auf
einmal der große goldene Hahn auf dem Glockenturm.
Sie hielten still.
"Was machst du da?" rief der kleine Häwelmann hinauf.
 
"Ich krähe zum ersten Mal!" rief der goldene Hahn
herunter.
 
"Wo sind denn die Menschen?" rief der kleine
Häwelmann hinauf.
 
Die schlafen", rief der goldene Hahn herunter, "wenn ich
zum dritten Mal krähe, dann wacht der erste Mensch
auf."
 
"Das dauert mir zu lange", sagte Häwelmann, "ich will in
den Wald fahren, alle Tiere sollen mich fahren sehen!"

 
"Junge", sagte der gute alte Mond, "hast du noch nicht
genug?"
"Nein", schrie Häwelmann, "mehr, mehr! Leuchte, alter
Mond, leuchte!"

Und damit blies er die Backen auf, und der gute alte
Mond leuchtete, und so fuhren sie zum Stadttor hinaus
und übers Feld und in den dunkeln Wald hinein.

Der gute Mond hatte große Mühe, zwischen den vielen
Bäumen durchzukommen; mitunter war er ein ganzes
Stück zurück, aber er holte den kleinen Häwelmann doch
immer wieder ein.

 
Im Walde war es still und einsam; die Tiere waren nicht
zu sehen; nur eine kleine Katze saß oben in einem
Eichbaum und funkelte mit den Augen. Da hielten sie
still.  
"Wo sind denn die andern Tiere?" rief der kleine
Häwelmann hinauf.
 
"Die schlafen!" rief die kleine Katze herunter und sprang
wieder einen Baum weiter, "horch nur, wie sie
schnarchen!"
 
 "Junge", sagte der gute alte Mond, "hast du noch nicht
genug?"
 
"Nein", schrie Häwelmann, "mehr, mehr! Leuchte, alter
Mond, leuchte!"
und dann blies er die Backen auf, und der gute alte
Mond leuchtete; und so fuhren sie zum Walde hinaus ?
und dann über die Heide bis ans Ende der Welt, und
dann gerade in den Himmel hinein.
 
Hier war es lustig; alle Sterne waren wach und hatten die
Augen auf und funkelten, dass der ganze Himmel blitzte.
"Platz da!" schrie Häwelmann und fuhr in den hellen
Haufen hinein, dass die Sterne links und rechts vor
Angst vom Himmel fielen.
"Junge", sagte der gute alte Mond, "hast du noch nicht
genug?"
"Nein!" schrie der kleine Häwelmann, "mehr, mehr!"
und - hast du nicht gesehen! fuhr er dem alten guten
Mond quer über die Nase, dass er ganz dunkelbraun im
Gesicht wurde.
"Pfui!" sagte der Mond, "alles mit Maßen!"
und damit pustete er seine Laterne aus, und alle Sterne
machten die Augen zu.

 
Da wurde es im ganzen Himmel auf einmal so dunkel,
dass man es ordentlich mit Händen greifen konnte.
"Leuchte, alter Mond, leuchtet" schrie Häwelmann, aber
der Mond war nirgends zu sehen und auch die Sterne
nicht; sie waren schon alle zu Bett gegangen. Da
fürchtete der kleine Häwelmann sich sehr, weil er so
allein im Himmel war. Er nahm seine Hemdzipfelchen in
die Hände und blies die Backen auf; aber er wusste
weder aus noch ein, er fuhr kreuz und quer, hin und her.
 
Da guckte endlich unten, ganz unten am Himmelsrande
ein rotes rundes Gesicht zu ihm herauf, und der kleine
Häwelmann meinte, der Mond sei wieder aufgegangen.
"Leuchte, alter Mond, leuchte!" rief er,
und dann blies er wieder die Backen auf und fuhr quer
durch den ganzen Himmel und gerade darauf los. Es war
aber die Sonne, die gerade aus dem Meere heraufkam.

"Junge", rief sie und sah ihm mit ihren glühenden Augen
ins Gesicht, "was machst du hier in meinem Himmel?"

 
Und - eins, zwei, drei! nahm sie den kleinen Häwelmann
und warf ihn mitten in das große Wasser. Da konnte er
schwimmen lernen.

 
Und dann?
 
Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du
nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in
unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht
ertrinken können!
 




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